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Multiple Sklerose – und Charaktereigenschaften

Multiple Sklerose – und Charaktereigenschaften

Für mich hat jedes körperliche Leiden einen seelischen Ursprung. So auch die Multiple Sklerose.

Davon geht auch Rüdiger Dahlke  in seinem Buch „Krankheit als Sprache der Seele“ aus.
Als ich die typischen Charaktereigenschaften las, die viele an Multiple Sklerose erkrankte Menschen haben, musste ich schmunzeln, da ich mich sehr wieder erkannte.

Vielleicht erkennst Du Dich ja auch ein bisschen wieder – und kannst hoffentlich auch ein bisschen schmunzeln. Wenn es also so etwas wie eine Multiple Sklerose-Persönlichkeit gibt, dann haben wir auch die Chance, eine Nicht-Multiple Sklerose-Persönlichkeit zu werden.

Dr. Rüdiger Dahlke hat zur Multiple Sklerose-Persönlichkeit Folgendes geschrieben:

„Das Krankheitsbild hat so viele Gesichter und Symptome, daß es anfangs häufig fehldiagnostiziert wird. Ist die Diagnose gestellt, wird sie wegen ihrer Unbehandelbarkeit seitens der Schulmedizin gern verschwiegen. Dieses an sich schon fragwürdige Vorgehen ist bei MS-Patienten besonders unsinnig, da sie ohne Diagnose auf Grund ihres seelischen Musters erst recht in einer aussichtslosen Situation sind. Da sie den Anspruch haben, mehr als gut zu funktionieren und alles hundertprozentig zu machen, und obendrein dazu neigen, alle Schuld bei sich zu suchen, bringen sie ihre vielfältigen Ausfälle in verzweifelte Situationen. Das geht manchmal so weit, daß sie die Diagnose, wenn sie sie endlich erhalten, geradezu mit Erleichterung aufnehmen, da sie diese vom Odium des Simulierens und Sich-Drückens definitiv befreit und ihnen endlich einen Vorwand gibt, wenigstens ein bißchen loszulassen vom eigenen Perfektionismus. Sie müssen ja nun nicht mehr alles können.

Die Tendenz, die Zähne zusammenzubeißen und sich selbst die Schuld zu geben, gepaart mit einer gewissen Dickköpfigkeit, ist auch eine Gefahr bei allen anstehenden Deutungen. Hier sei noch einmal darauf hingewiesen, daß es dabei nie um Wertung geht, auch wenn die Sprache es manchmal so erscheinen läßt, sondern immer um Deutung. Deutet man sein Leben mit all seinen Erscheinungen, wird es nicht besser oder schlechter, sondern bekommt Bedeutung.

Trotz ihrer Vielfalt untermauern die Symptome ein Grundmuster. Die häufige Schmerzempfindlichkeit der Wirbelsäule rührt von den in der Tiefe ablaufenden chronischen Entzündungsprozessen in diesem Bereich. Sie deuten einen schwelenden Konflikt um die Aufrichtigkeit an, der zeigt, daß Aufrichtigkeit, sich stellen und Rückgrat zeigen mit Schmerzen verbunden ist. Auch andere Schmerzempfindungen gehören in diesen Zusammenhang.

Sensibilitätsstörungen drücken aus, daß die Betroffenen in verschiedenen Bereichen von Körper und Seele nichts mehr spüren und damit auch nichts mehr wahrnehmen. Sogar Dinge, die sie direkt und gefährlich tangieren, ja zu verletzen drohen, nehmen sie nicht mehr wahr, haben sie ausgeschaltet. Tatsächlich kann man von einer Ausschaltung der Außenwelt und ihrer Wirkungen sprechen.

Solches Abschalten wird auch in anderen Symptomen deutlich wie der Abschwächung der Reflexe, die bis zur völligen Reflexlosigkeit gehen kann. Reflexe sind die einfachsten Antworten des Nervensystems auf Reize. Menschen ohne Reflexe haben die ältesten ererbten Reaktionsmöglichkeiten auf ihre Umwelt verloren bzw. aufgegeben. Sie sind im wahrsten Sinne des Wortes reaktionslos. Wie sehr sie auch gereizt werden, sie bleiben stumm und antworten im tiefsten Sinne nicht mehr auf das Leben und seine Anforderungen.

Dem entspricht die Apathie, die häufig phasenweise auftritt. Zwar versuchen die Patienten, allen alles recht zu machen, aber ohne innere Anteilnahme. Wie sollen sie auch am Leben anderer teilnehmen, wo sie am eigenen nicht recht mitfühlen, wie die Gefühlsstörungen belegen.

Der Hinweis auf das Innen läßt sich auch aus den Lähmungserscheinungen herauslesen. Wenn die Beine nicht mehr tragen, soll man offensichtlich nicht mehr hinaus in die Welt, all das Rennen für die anderen bzw. für die Anerkennung durch die anderen ist zu Ende. Nach innen zu gehen steht als einzige Möglichkeit offen.

Mangelnde Kraft bis zu Lähmungserscheinungen in den Fingern und Händen zeigt, daß die Kraft fehlt, das eigene Leben in den Griff zu bekommen. Auf beiden Ebenen kann nicht mehr zugepackt werden. Zu den Lähmungserscheinungen paßt die innere Situation, die wie gelähmt empfunden wird.

Häufig anzutreffende lähmende Müdigkeit paßt ebenfalls zu diesem Bild. Manche Patienten schlafen bis zu 16 Stunden und verschlafen damit mehr als das halbe Leben. Ihren Zustand nach dem späten Erwachen beschreiben sie nicht selten als „wie betäubt“. Taubheit für die Anforderungen des eigenen Lebens und seine Bedürfnisse ist ein Charakteristikum.

Weitere Symptome betreffen die Blase, jenes Organ, mit dem wir loslassen, aber auch Druck ausüben können. Im Vordergrund steht bei vielen MS-Patienten auch hier Schwäche. Sie können ihr Wasser nicht mehr halten, d.h., bei geringsten Anlässen läuft die Blase über. Das Symptom zwingt zurück in die Situation der frühen Kindheit mit ihrer Unfähigkeit, die Körperfunktionen und das eigene Leben zu kontrollieren. Die oben nicht geweinten Tränen, die sich MS-Patienten in ihrer Reaktionslosigkeit und Gefühlsblockierung nicht zugestehen können, lassen sie unten überfließen, wo es niemand anders merkt. Die ebenfalls vorkommende Harnverhaltung, beinahe das Gegenteil der Blasenschwäche, verkörpert die extreme Zurückhaltung in seelischen Dingen.

Hinzukommende Sprachprobleme illustrieren das selbe Drama. Wortfindungsstörungen zeigen, daß den Patienten die Worte fehlen. Sie sind sprachlos. Die Nachrichtenübermittlung ist in Frage gestellt. Im Falle der Wortfindungsstörungen bringen die Patienten ihre Informationen nicht mehr an den Mann bzw. die Frau und verlieren damit eine wesentliche Möglichkeit, Einfluß auf ihre Umwelt zu nehmen. In dem Maße, wie sie sie nicht mehr mit Worten beeinflussen können, verlieren sie auch die Fähigkeit, sie zu steuern. Im verbalen Kontrollverlust liegt für die Menschen, denen innere Kontrolle über alles geht, eine furchtbare Bedrohung.

In ähnliche Richtung weisen die Gedächtnisprobleme. Die Patienten können sich nichts mehr merken, nichts behalten, auch nicht mehr mitreden. Sie sind nicht mehr verantwortlich, sind sie doch nicht einmal fähig, konkret zu antworten, weder auf die Ansprüche der Gesprächspartner noch auf die des Lebens. Es liegt auf der Hand, daß, wer nicht antworten auch keinerlei Verantwortung tragen kann. Was ihnen das Krankheitsbild so deutlich macht, wollen die aktiven und ehrgeizigen Patienten selten wahrhaben und weigern sich oft, die Invalidisierung zu akzeptieren, die sie auch rechtlich der Verpflichtung zur Eigenverantwortung enthebt.

Den Verlust der Konzentrationsfähigkeit zeigt die Unfähigkeit, bei einer Sache zu bleiben. MS-Patienten haben grundsätzlich die Tendenz, an Standpunkten rigide festzuhalten, auch wenn sie selten in der Lage sind, diese gegen andere zu verteidigen oder gar durchzudrücken. Ihr Anspruch ist von Festigkeit und Prinzipientreue geprägt bis zur Starrheit und sogar Sturheit. Das Nachlassen der Konzentrationsfähigkeit ist wie das Überlaufen der Blase ein Selbsthilfeversuch des Körpers. Ohne Konzentration wird es den Betroffenen unmöglich, in den gewohnten eingefahrenen Bahnen zu verharren. Sie werden im Gegenteil ständig aus der Bahn geworfen, vergessen ihr Thema und müssen sich neu orientieren.

Die häufig auftretenden Gleichgewichtsstörungen gehören hierher. Sie zeigen, wie wenig die Patienten seelisch in Harmonie sind. Sie bewegen sich auf schwankendem Boden. Oft wird die Erfahrung beschrieben, der Untergrund (Lebensgrund?) sacke unter einem weg, man müsse sich wie durch Treibsand vorwärtskämpfen oder wie ein Seiltänzer auf schmalem Grad balancieren. Das Gefühl, wie betrunken den Boden unter den Füßen zu verlieren, zeigt, wie wenig fest und verläßlich der Kontakt zur eigenen Basis und die Verwurzelung im Seelengrund ist.

Doppelbilder weisen u.a. darauf hin, daß es noch eine andere Wirklichkeit neben der geläufigen gibt und das Leben tatsächlich einen doppelten Boden hat. Erst aus dem Vertrauen zu dieser zweiten Ebene, dem göttlichen Plan, der alle menschlichen Pläne in sich enthält, kann jenes Selbstvertrauen wachsen, das den MS-Patienten so fehlt.

Die sich ergebende Persönlichkeitsstruktur ist einerseits ausgeprägt von dem Wunsch, alles zu kontrollieren und vorauszuplanen, andererseits von dem Mangel an adäquater Reaktion auf Herausforderungen. Sobald etwas gegen ihre festgefügten und oft starren Vorstellungen läuft, treten bei den Patienten Widerstand und Angst auf. Erhebliche Versagensangst und mangelndes Selbstvertrauen verhindern aber, daß sie ihrem Unwillen Ausdruck verleihen. Diese Mischung erweckt bei Außenstehenden leicht den Eindruck von Dickköpfigkeit.

Die Symptome machen einerseits ehrlich, andererseits verdeutlichen sie die Lernaufgabe und weisen den Weg. Verhärtung und Verfestigung fordern auf, fest und konsequent in der Durchsetzung der eigenen Lebensbedürfnisse zu werden und Stärke in sich selbst zu finden. Ein starkes Selbstvertrauen müßte zur Basis des seelischen Lebens werden und die Verhärtung der physischen Nerven ersetzen. Nerven wie Drahtseile sind nur im Übertragenen erstrebenswert. MS-Patienten, mit ihrer Angst, sich selbst zu sehen, geschweige denn zu verwirklichen, neigen dazu, sich klein, hilflos und unempfindlich zu machen.

Die Erlösung der Schwäche liegt letztlich in der Hingabe, der Annahme des vom Körper aufgezwungenen Nachgebens und Geschehenlassens. Die Aufgabe des Kampfes wird zur Aufgabe. Das nicht offen geäußerte Bedürfnis der MS-Patienten, alles nach ihren Vorstellungen zu planen, zu steuern und zu kontrollieren, wird vom Schicksal therapiert.“